Wie DIE ZEIT Diskussionskultur ausbaut
ZEIT Verlag

Praxisbeispiel Wie DIE ZEIT Diskussionskultur ausbaut

Mit „ZEIT spricht“ hat die ZEIT Verlagsgruppe ein neues, innovatives Mitarbeiter*innen-Format geschaffen. Das Ziel: die Meinungsvielfalt zu feiern und die Diskussionskultur zu stärken. Im Februar ist DIE ZEIT 75 Jahre alt geworden. Das Unternehmen ist in den letzten Dekaden stark gewachsen, viele neue Produkte sind hinzugekommen – und auch viele neue Kolleginnen und Kollegen an diversen Standorten.

Rainer Esser, Geschäftsführer der ZEIT Verlagsgruppe, über "Zeit spricht"
Initiative Chef:innensache

In der Belegschaft gibt es den starken Wunsch nach abteilungs- und standortübergreifendem Austausch und Kommunikation – gerade seit Beginn der Corona-Pandemie kommunizieren viele nur noch innerhalb ihrer Abteilungs-„Silos“, da zufällige Begegnungen auf dem Flur wegfallen. Ebenso wollten wir unsere Streit- und Diskussionskultur weiter ausbauen und uns noch besser kennenzulernen; uns unserer Unterschiede bewusst zu werden, sie anzuerkennen und zu nutzen.

Um diesem Wunsch gerecht zu werden, haben Rainer Esser, Giovanni di Lorenzo und ein interdisziplinäres Projektteam alle Mitarbeitenden die Mitarbeiter der gesamten ZEIT Verlagsgruppe im Rahmen des 75. Jubiläums zu einer besonderen Aktion aufgerufen: zu “ZEIT spricht”. Teilnehmende Mitarbeitende beantworteten zwölf polarisierende Fragen, die sich um interne Themen drehten: Sollten wir uns alle duzen? Sind wir uns alle zu ähnlich? Sollten wir alle Gehälter offenlegen? Der Matching-Algorithmus von ZEIT Online, der bereits aus dem Dialogprojekt “Deutschland spricht” und “Europe Talks” bekannt ist, bringt Kolleg*innen mit möglichst unterschiedlichen Meinungen für ein kontroverses Gespräch unter vier Augen zusammen.

Am 24.2.2021, mitten in der Jubiläumswoche der ZEIT, traf sich rund ein Drittel der Belegschaft zu einem kontroversen Gespräch – über Video oder bei einem Spaziergang. Bereichs-, standort- und hierarchieübergreifend. Nach und nach posten die Teilnehmenden Screenshots ihrer Gespräche im allgemeinen Slack-Kanal.

Einen Tag später trafen sich die, die mitgemacht hatten, und die, die gerne mehr über der Aktion erfahren wollten, zu einer virtuellen Abschlussveranstaltung.

Nach der Aktion gaben 97% der Teilnehmenden an, den eigenen KollegInnen zu empfehlen, ein solches Gespräch zu führen. 96% wünschen sich eine Wiederholung. 82% kannten ihren GesprächspartnerIn noch nicht – bei der Hälfte der Teilnehmenden kam der Gesprächspartner von einem anderen Standort und aus einem anderen Bereich – Verlag oder Redaktion.

Das sagen die teilnehmenden Mitarbeiter*innen: Was habt ihr aus dem Eins-zu-Eins Gespräch mitgenommen?

Meinungen

  • Dass es Orte im Verlag gibt, die ich noch nie betreten habe. (..) Und dass deren Realität eine ganz andere ist als meine. Das war interessant.
  • Ich habe dank des Gesprächs noch einmal ganz andere Perspektiven auf Fragen bekommen, bei denen ich mir meiner Meinung eigentlich sehr sicher war.
  • Ganz neue Erkenntnisse über die Arbeit in einem anderen Unternehmensteil.
  • Es hat sich bestätigt, dass man nicht immer einer Meinung sein muss, um trotzdem gut miteinander auszukommen.
  • Eine riesige Freude, jemanden kennenzulernen, der komplett anderer Meinung ist – und absolut sympathisch.
  • Wir sollten mehr Austausch untereinander forcieren, um persönliche Blickwinkel, aber auch Blickwinkel auf unsere Produkte zu setzten.
  • Wir haben gleich eine minikleine Koop vereinbart und am nächsten Tag umgesetzt! Toll, wie pragmatisch wir sein können!
  • Manche Kolleginnen und Kollegen sehen Themen wirklich komplett anders. Ich habe das Gefühl, ich kenne viele im Haus, aber ich habe bemerkt, manche Bereiche kenne ich auch wirklich gar nicht.
  • Neue Ansätze, die Themen zu sehen/denken.
  • Dass wir unterschiedlicher sind, als ich dachte.
  • So „organisiert“ mal auf jemanden zu treffen, mit dem man sonst nie sprechen würde, das ist prima um mehr über „die andere Seite“ zu erfahren und zu verstehen, wie vielfältig das Unternehmen ist.
  • Wie wichtig es ist, sich miteinander auszutauschen und neugierig auf andere Meinungen zu sein und zu bleiben.
  • Dass meine Meinungen nicht in Beton betoniert sind.
  • Neue Blickwinkel auf Unternehmenskultur.
  • Eine wunderbare erwachsene inhaltliche Offenheit, die in Gesprächen mit den Führungskräften fehlt. Im Arbeitsalltag wird nicht offen gesprochen. Das ist ermüdend und demotivierend.