Madlen Fidorra, Projektleitung Die Führungskräfteschmiede

Friends of Chef:innensache Madlen Fidorra: „Wandel der Führungskultur auf beiden Seiten“

Die Führungskräfteschmiede | Digital Leadership aus Hamburg gehört zu den „Friends of“-Chefsache. Projektleiterin Madlen Fidorra erklärt im Interview, wie sich das Coaching-Unternehmen für Gleichstellung einsetzt und warum ein Wandel der Führungskultur in Richtung Chancengleichheit kann jedoch nur durch Veränderungen auf beiden Seiten geschehen kann.

Madlen Fidorra, Projektleitung Die Führungskräfteschmiede

1. Warum haben Frauen und Männer noch nicht die gleichen Chancen in der Arbeitswelt?

Die Gründe, warum Frauen und Männer noch immer nicht die gleichen Chancen in der Arbeitswelt haben, sind vielfältig. Angefangen bei der Sozialisation im Kindesalter, über die Schwerpunktwahl in den Schulen, die Berufswahl, politische Rahmenbedingungen wie Ehegattensplitting oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten, fehlende Anreize zur partnerschaftlichen Elternzeit, Zugang zu Führungspositionen in Wissenschaft und Wirtschaft. Und obwohl Frauen heute über sehr gute Ausbildungen oder Hochschulabschlüsse verfügen und einen guten Einstieg ins Berufsleben schaffen, nimmt ihr Anteil in den Karrierestufen schließlich ab, Phänomene wie Glass Ceiling oder Leaky Pipeline erklären diesen Verlust an Potenzialen. Neben Rollenvorbildern mangelt es hier oft an zeitgemäßen Unternehmenskulturen oder guten strukturellen Rahmenbedingungen. Wie schnell erreichte Fortschritte verloren gehen können, zeigt sich einmal mehr in Zeiten der Coronakrise: Die Übernahme eines Großteils der Carearbeit durch Frauen verstärkt die tradierte Rollenverteilung.

2. Was tut Ihr für mehr Chancengerechtigkeit?

Seit 2016 unterstützen wir Hamburger Unternehmen beim Aufbau einer chancengleichen Personalentwicklung für mehr Frauen in Führungspositionen. Mit unseren Angeboten im Rahmen der Organisationsentwicklung einerseits und unserem Programm „Digital Leadership“ für Nachwuchsführungskräfte auf der anderen Seite verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Denn unsere Erfahrung zeigt, dass nachhaltige Veränderungen sowohl auf der individuellen als auch der strukturellen Ebene ansetzen müssen.

Mit unserem Entwicklungsprogramm unterstützen wir Nachwuchsführungskräfte dabei, gute Führung zu lernen und zu leben – von Anfang an. Unser Programm qualifiziert und begleitet die Teilnehmenden über sechs Monate auf dem Weg zu einer Führung, die vielfaltsgerecht, menschzentriert und wertebasiert agiert und vielfältige Chancen für Gleichstellung ermöglicht. In einer vierteiligen Workshop-Reihe erlernen die Teilnehmenden die Basics zeitgemäßer Führung auf fachlicher, persönlicher und zwischenmenschlicher Ebene und reflektieren ihre Rolle als Führungskraft. Business Coachings unterstützen bei individuellen Fragestellungen und sichern den Transfer des Gelernten in den Arbeitsalltag. Ein hoher Praxisbezug, viel Raum für Übungen und der regelmäßige Austausch untereinander ermöglichen ein nachhaltiges Lernergebnis.

Begonnen haben wir als reines Frauenförderprogramm. Ein Wandel der Führungskultur in Richtung Chancengleichheit kann jedoch nur durch Veränderungen auf beiden Seiten geschehen. Daher müssen neben der Unternehmensleitung Frauen UND Männer in den Prozess einbezogen werden. Allen Beteiligten muss Verantwortung für das Gelingen der Maßnahmen übertragen werden. Nur so können sie gemeinsam gestalten und eine neue Riege an Multiplikator:innen für gute Führung bilden. Daher fokussieren wir seit 2018 die partnerschaftliche Gleichstellung. Denn: gemeinsam sind wir besser!

3. Welche Rolle spielt Führung in Bezug auf Chancengerechtigkeit?

Auch wenn nachhaltige Gleichstellung im Unternehmen immer auch Chef:innensache sein und in einer übergeordneten Strategie verankert sein muss, kommt Führungskräften als Vorbild und Multiplikator:in eine besondere Rolle zu. Als Kulturstifter tragen das nötige Mindset in die Teams, füllen es in der täglichen Arbeit mit Leben und stärken so das Commitment der Beschäftigten. Als Teamcoaches kennen sie die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter:innen am besten und können jenen fairen Rahmen schaffen, in dem alle ihr Potenzial bestmöglich entfalten können. Als Talentmanager:innen entscheiden Sie maßgeblich mit, wer ins Team kommt, wer Förderung erhält oder den nächsten Karriereschritt macht.

Dass Führungskräfte hier an sich arbeiten, sich ihren Unconcoius Bias – also unbewusste Denkmuster und Vorurteile – bewusst machen, ist elementar. Daher sollte Chancengleichheit selbstverständlicher Bestandteil jeder Führungskräfteentwicklung sein. Sie muss in das bestehende Führungs-Instrumentarium integriert werden, um so das Bewusstsein zu schärfen und den Veränderungsprozess voranzutreiben.

Gute und werteorientierte Führung, gekennzeichnet durch Empathie, Vertrauen und Selbstverantwortung, macht aus guten Teams beste Teams. Gerade in Zeiten des Umbruchs durch Digitalisierung oder Covid-19 wird einmal mehr deutlich: Der Mensch steht im Fokus und gute Führung ermöglicht genau das. Sie bietet die Möglichkeit, Chancengleichheit in der Arbeitswelt zu verbessern und den Erfolg der Mitarbeiter:innen sowie den des Unternehmens zu sichern.

4. Warum engagiert Ihr Euch für die und in der Initiative Chef:innensache?

Wir sind davon überzeugt, dass gute Führung, die mensch- und werteorientiert ist, Potenziale für echte und gelebte Chancengleichheit in Unternehmen nutzbar macht. Und wir sind davon überzeugt, dass man gute Führung lernen kann. Die Initiative Chef:innensache als Unterstützer des nötigen Veränderungsprozess in verschiedensten Bereichen wie Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichem Sektor und Medien sorgt dafür, dass Erfolge sichtbar werden und Chancengleichheit kein Lippenbekenntnis/PR-Thema ist sondern Realität wird. Und dazu möchten wir beitragen!

Als öffentlich gefördertes Programm setzt sich DIE FÜHRUNGSKRÄFTESCHMIEDE seit vielen Jahren für die Ziele zur Herstellung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Arbeitswelt ein. Wir sensibilisieren Unternehmen und Führungskräfte für die Möglichkeiten zur Gleichstellung, die in einer guten Führungskultur und der Digitalisierung liegen. Wir befähigen durch unsere Angebote betriebliche Akteure, individuelle Ziele und Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Als Botschafter der gleichstellungspolitischen Ziele der Initiative Chef:innensache wollen wir noch öffentlichkeitswirksamer in der Hamburger Metropolregion agieren. Zudem möchten wir gern die Möglichkeit nutzen, als Friend of Chef:innensache unser Netzwerk um weitere Akteure zu erweitern und von- und miteinander einander zu lernen.

Zur Webseite